„Die Welt ist klein und Holland ein Dorf!“

Der Venloop! In nahezu allen Laufgruppen in den Sozialen Medien wird diese Laufveranstaltung gefeiert. Und das nicht nur ein bisschen…

Ich habe deshalb schon sehr oft vom Venloop gelesen und gehört. Die Teilnehmer, die ihre Eindrücke auf Facebook schilderten waren durch die Bank begeistert, fasziniert und total glücklich. Deshalb stand auch schnell fest – dieses Laufspektakel an der Deutsch-Holländischen Grenze muss ich mir anschauen. Natürlich aus Sicht der Läufer 🙂

Da ich wusste, dass die Startplätze für den Halbmarathon in der Regel innerhalb von 48 Stunden ausverkauft sind, habe ich mir den Termin für die Anmeldung im Handy gespeichert und zwei Erinnerungen geschaltet. Es sollte also nichts schief gehen. Ging es auch nicht 🙂 Und da ich zum Zeitpunkt der Anmeldung, in der 34. Woche schwanger war und mit meinem Besten im Wellness-Wochenende, gemütlich an der Hotelbar sitzend, genug Zeit zum überreden hatte, habe ich ihn gleich mit angemeldet.

Check, unsere Teilnahme am Venloop 2017 war safe!

Für das Wochenende des Venloop wurden unsere Kinder einmal mehr bei ihren Großeltern untergebracht. Gut, dass sich beide Seiten darüber freuen 🙂

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Benny und ich machten uns am Samstag pünktlich 7 Uhr morgens auf den Weg nach Holland. Überraschend schnell sind wir durchgekommen und waren Mittag in Venlo. Wir hatten also ausreichend Zeit uns die Stadt und die Strecke für den nächsten Tag anzuschauen.

Mir machte mein Rücken arge Probleme. Zum einen hatte ich mir zwei Wochen zuvor beim Trampolinspringen ordentliche Blockaden zugezogen, die sich einfach nicht lösen wollten (ungünstig, dass der Termin beim Orthopäden erst nach dem Venloop im Kalender steht), zum anderen machte mir eine Zerrung im Bereich der oberen Brustwirbelsäule zu schaffen. Und genau diese Zerrung verschlimmerte sich im Lauf des Tages.

Wir entschieden uns mit den Rädern durch Venlo zu fahren. Die Wege waren zwar kurz, aber da wir nur die zwei Tage in der Stadt sein sollten, wollten wir die Zeit optimal nutzen.

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Auf unseren Bikes genossen wir also das angenehme Wetter. Es ging in die Innenstadt, Mittag essen, Biergärten besuchen, die Wanderer auf der Laufstrecke anfeuern, Shoppen…und schließlich auch an der Maas entlang. Es war ein schöner Tag, den wir wirklich genießen konnten.

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Die Tour endete natürlich in unserem Hotel, in dem wir noch den Pool und die Sauna testeten. Ich hoffte meine Verspannungen im Rücken mit der Sauna lösen zu können, denn alles andere half nichts.

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Eigentlich schien nichts zu helfen!

Es wurden noch ein paar Bilder auf Facebook gepostet und schnell erkannt, wie viele Läufer uns heute schon gesehen haben und wie viele der Teilnehmer in unserem Hotel untergebracht waren. Sogar Laufbekanntschaften aus Thüringen trafen wir in unserem gemütlichen Hotel am See.

Man sieht also wie klein die Welt ist. Und Holland scheint tatsächlich ein Dorf zu sein 🙂

Auch am nächsten Morgen trafen wir einige bekannte Gesichter aus diversen Laufgruppen auf Facebook wieder. Die Reihe an Laufjunkies schien endlos.

Da der Start erst 14 Uhr war, konnten wir entspannt in den Tag starten. Ich gönnte meinem Rücken noch eine Massage, bevor wir uns dann 13 Uhr auf den Weg zum Venloop machten.

Gemütlich spazierten wir die knapp drei Kilometer und staunten schon jetzt über die Massen an Läufern, die Richtung Start unterwegs waren.

Die ganze Stadt schien auf den Beinen zu sein.

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Im Startbereich angekommen, verging die Zeit wie immer im Flug. Wir verstauten unsere Sachen und suchten unseren Startblock. Wir entschieden, uns nach der Öffnung der Absperrungen noch ein wenig nach vorn zu arbeiten. Teilweise standen Läufer neben uns, deren Nummern verrieten, dass sie mehr als zwei Stunden einplanten. Wir fühlten uns fehlplatziert und gingen weiter nach vorn.

Da ich aber ungern überholt werde, stoppten wir irgendwann. Ich wollte definitiv nicht unter den Läufern laufen, die nach 1:30 Stunden im Ziel ankommen wollten.

Doch dass ich mit meiner Einschätzung daneben lag, sollten wir bald merken.

„Ich hoffe du läufst…und bleibst nicht da vorn stehen!“ 🙂

 Wir waren nun etwa 50 Meter vor den brasilianischen Tänzerinnen. Man sahen die heiß aus! Ich hatte Glück, Benny lächelte kurz, ging aber brav weiter. Der Lauf mit dem Lieblingsmenschen war dann doch wichtiger, als heiße Brasilianerinnen in super knappen Outfits.

Venloop2017

Es dauerte noch eine Weile, bis wir schließlich über die Startlinie liefen.

Und dann merkten wir sofort, dass wir viel zu weit hinten starteten. Die Läufer in diesem Feld schienen weit langsamer zu laufen, als wir es uns vorgenommen hatten. Meine Uhr war auf 1:50 Stunden eingestellt. Doch das schien zu dem Zeitpunkt unmöglich zu schaffen. Schnell waren wir eine Minute, dann zwei und dann sogar über vier Minuten in Verzug. Wie sollen wir das denn bitte wieder rein laufen? Wir kämpften uns vor wurden aber immer wieder ausgebremst. Es fühlte sich nach einem Intervalllauf an. Wir schafften es einfach nicht ein Tempo zu finden.

„Ach ist das schön. So laufen wir weiter. Ganz gemütlich!“ sagte eine der Läuferinnen zu den anderen Damen in ihrer Vierer-Reihe. Ja, das könnt ihr sehr gern auch machen. Aber dann startet doch bitte im entsprechenden Block.

Wir überholten und überholten…und immer noch liefen wir an Läufern vorbei, die regulär in den Blocks hinter uns hätten starten „müssen“. Das wurmt und verärgert einen schon ein bisschen, wenn einen der Ehrgeiz gepackt hat.

Ein Gefühl von Freiheit!

Nach etwa sechs Kilometern hatten wir es dann endlich geschafft. Wir konnten endlich ein Tempo finden und dieses dann halten. Wir hatten uns aus dem Lauferbündel herausgekämpft und nun ein bisschen Platz.

Erst jetzt hatten wir Zeit uns auch einmal auf das Geschehen am Straßenrand zu konzentrieren. Es war fast verrückt, was hier los war. Ich glaube es gab kaum ein Stück auf der Strecke, wo keine Menschen standen und keine Musik gespielt wurde. Es war wirklich durchweg Party!

Für uns lief es nun recht gut. Wir konnten die verloren gegangene Zeit langsam wieder rein holen. Aber wir mussten dafür auch schneller laufen als geplant. Immer wieder hatten wir Abschnitte dabei, auf denen wir einen 5er Schnitt liefen. Zu schnell um es auf die lange Distanz halten zu können.

Aber es schien sich alles gut zu laufen. Die Hälfte hatten wir schnell hinter uns und waren nun auch voll auf Kurs. Nach etwa 10 Kilometer nahm ich vorsorglich einen Gel-Chip. Benny wollte nicht. Er verzichtete auch weitestgehend auf die Iso-Getränke.

Hätte er doch lieber mal gehört, denn nach etwa 13 Kilometer fingen seine Waden an, langsam dicht zu machen. Genau, wie es im Training immer war. Ich zwang ihn quasi, nun endlich einen Gel-Chip zu nehmen. Der versorgt dich wenigstens nochmal für kurze Zeit.

Bei mir hält er meist vier bis sechs Kilometer. Und mir hilft er auch.

Doch auch ich merkte nun, dass es langsam anfängt schwerer zu werden. Wir hatten etwa 14 Kilometer weg, als wir die Maas überquert hatten. Es ging minimal bergauf…und ich redete auf Benny ein wie ein Wasserfall. Und dann, dann spürte ich etwas, dass ich schon eine Weile nicht mehr gespürt hatte. Seitenstechen! Sofort stellte ich meinen Monolog ein. Jetzt musste auch ich zwei Kilometer kämpfen. Mich auf meine Atmung konzentrieren und ein Tempo finden, bei dem ich gut laufen konnte.

Benny lief nun stetig hinter mir. Ich zog ihn, so gut ich konnte, sah aber auch (das war wirklich nicht zu übersehen), dass er Schmerzen hatte. Er lief wie ein alter Mann, konnte aber das Tempo weiter halten.

Die Schleife auf dieser Seite der Maas zog sich wie Gummi.

Da ich nun fast durchweg in Gedanken bei Benny war, konnte ich die Stimmung auf diesen zähen Kilometern gar nicht wirklich genießen. Was heißt genießen, ich habe eigentlich gar nichts mehr rundherum mitbekommen. Langsam wurde auch für mich jeder Kilometer schwerer. Aber wir hielten das Tempo, wie und warum auch immer. Wir lagen immer noch super in der Zeit und meine Uhr signalisierte mir eindeutig, dass wir noch auf Kurs waren.

Und das ist dann auch der Punkt…du siehst, dass es nur noch vier Kilometer sind. Das sind extrem ekelhafte 20 Minuten. „Ich verderbe mir doch jetzt auf den letzten Metern nicht die Zeit!“ …das ist dann der Punkt, an dem das kleine innere Kampfschwein durchkommt.

Wir waren uns also mehr als einig, jetzt definitiv nicht ruhiger zu werden.

Schließlich spürt man, dass das Ziel greifbar nah sein muss!

 Wir hatten nun fast 20 Kilometer hinter uns, als wir die Maas erneut überquerten. An dieser Stelle bekam ich nochmal einen ordentlichen Schub. Wir kannten die Gassen vom Vortag, nahmen nun auch die Menschenmassen an der Strecke wieder wahr und begannen, das Tempo nochmal ordentlich zu erhöhen.

Endspurt!

Meine Uhr signalisierte mir bereits, dass wir das Ziel von 21,2 Kilometern erreicht hatten. Und zwar in unter 1:50 Stunden. Doch vom Ziel war keine Spur. Noch eine Kurve und noch eine…wir waren schon viel zu lang im Endspurt, wir hatten uns verschätzt, denn das Ziel war einfach nicht in Sicht. Immer wieder hofften wir es nach der nächsten Kurve zu sehen.

Langsam begann ich Seitenstechen zu bekommen. Ich fluchte über den „Pommesbudengeruch“ der sich die letzten Meter in meiner Nase festsetzte. Ich verzweifelte hinter einer Läuferin, die einfach keinen Platz machte und mit den Zuschauern abfeierte…es war ein kleiner Kampf, den ich aber schließlich gemeinsam mit Benny gewann.

Wir hatten nach 1:50:45 die Ziellinie überquert und sind damit im ersten Drittel geblieben. Und unter den Frauen in meinem Alter landete ich auf Platz 144 von 642, womit ich sogar im ersten Viertel gelandet bin.

Betrachtet man die Schwierigkeiten, die wir auf den ersten Kilometern hatten, können wir mit dieser Leistung wirklich zufrieden sein 🙂

Für uns war es ein schöner Ausflug in die Niederlande. Wir haben die zwei Tage genossen und einen tollen Lauf erlebt. Mit einem Ergebnis, mit dem wir wirklich zufrieden sind.

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Doch leider lief es nicht für alle so gut…

Schon auf der Strecke kamen uns hin und wieder Rettungskräfte entgegen. Auch kurz vor und hinter dem Ziel wurden Läufer medizinisch versorgt. Auf der Heimfahrt erfuhren wir, dass es mehrere tragische Vorfälle gegeben hat. Damit bekommt dieser tolle Lauf einen bitteren Beigeschmack. Ich habe schon hin und wieder von solchen dramatischen Schicksalsschlägen auf Laufveranstaltungen gehört. Immer wieder ist man geschockt. Es trifft einen aber irgendwie noch mehr, wenn man selbst auf der Strecke war. Wenn man daran denkt, dass es eventuell einer der Läufer, die man selbst noch gesehen hat, mit denen man vielleicht zuvor noch gefeiert hat, dieses Event nicht gesund überstanden haben. Unser Mitgefühl gilt allen Angehörigen!

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