„Ein Ritter muss sein Können fortwährend im Turnier, aber auch auf dem Feld, unter Beweis stellen, um Ehre zu erwerben!“
…was? Ritter, Turniere & Ehre? Und das nachdem wir vor zwei Wochen noch von Kings & Queens geredet haben. Schon leicht crazy, die Herren der Hindernisse…
Warum eigentlich…
Vor knapp vier Wochen wurde ich gefragt, ob ich denn nicht Lust auf das Dragonheartbattle hätte. Drachenherzschlacht? Was ist das denn? Die Homepage lieferte mir schnell Antwort auf diese Frage. 22 Hindernisse, knapp 25 Kilometer und rund 700 knackige Höhenmeter. Naja, in Vorbereitung auf das Getting Tough, sollte ich mir dieses Rennen in Trendelburg also nicht nehmen lassen. Gesagt getan, ratz fatz war ich angemeldet.
Da ich mich zu diesem Zeitpunkt mitten in der verordneten Laufpause befand und auch die Temperaturen alles andere als herbstlich waren, bereitete mir dieser Lauf absolut keine Bedenken. Leider war ich zwei Wochen später immer noch nicht wieder in der Lage zu laufen. Nachdem ich dann schon zwangsläufig auf die Teilnahme am King of Cross in Mühlberg verzichten musste, wollte ich mir das Dragonheartbattle definitiv nicht entgehen lassen. Also entschied ich mich zu laufen. Komme was wolle!
Los geht´s…auf dem Weg zum Battle
Ehe ich mich versah, war es dann am 21. November 2015 auch schon so weit. Gemeinsam mit Marcel und Pascal von der Stiftung Wadentest, machte ich mich früh um sieben auf den Weg nach Wülmersen/Trendelburg. Das Wetter war alles andere als angenehm. Das Thermometer in meinem Auto zeigt 1°C an. Aber, da es ja noch sehr zeitig war und der Start erst für 11 Uhr angesetzt war, war ich guter Hoffnung, dass das Ganze noch besser wird. Während der Fahrt hatten wir kaum ein anderes Thema, als die Flussdurchquerung. Wie oft und wie weit wir ins Wasser müssen, wie man danach am besten weiterläuft, wie man sich überwindet in Wasser zu steigen, was ein Neoprenoberteil für Vor- und Nachteile hat… Ich hatte bereits am Tag zuvor hin und her überlegt, wie ich mich wohl am sinnvollsten kleide. Weniger ist bei solchen Läufen oft mehr. Nun wünschte ich mir allerdings ein Neoprenoberteil. ABER – zu spät!
Die Zeit verging wie im Flug. Nachdem wir die Autobahn verlassen hatten, folgten wir schmalen Straßen durch kleine Dörfchen, bis wir schließlich nach rechts in den Wald abbiegen sollten. Zumindest war Marcels Navi der Meinung, dass wir dies sollten. Naja, ich wäre mit meinem Auto nicht abgebogen. Marcel zögerte jedoch nicht lang und schon waren wir auf Off-Road-Tour. Warum auch nicht. So hatten wir wenigstens die Möglichkeit, uns schon jetzt einen Eindruck von der Strecke zu machen. Dumm wäre es nur gewesen, wenn wir plötzlich vor einem Hindernis gestanden hätten. Doch wir hatten Glück. Nach vier oder fünf Kilometern waren wir wieder auf der Landstraße.
Kaum waren wir im Wasserschloss Wülmersen angekommen und hatten das Auto geparkt, wurden wir schon angesprochen, ob wir denn schon auf der Strecke waren, so wie unser Auto aussah. Seeeeehr witzig! Aber wahr.
Die Spannung steigt…
Es waren in der Zwischenzeit wenigstens 4°C… das war ja schon besser als Minusgrade, munterte ich mich auf. Wir holten unsere Startnummern, wärmten uns kurz am Feuer und gingen zurück zum Auto, wo wir uns auf den Start vorbereiten wollten. Nun kam auch unser vierter Mann, Christian, hinzu. Und das war mein Glück! Denn als er sah, mit was sich Marcel alles einölte und wie er sich anziehen wollte, konnte er nicht anders, als sich kurz richtig schön über ihn lustig zu machen. Als Mann geht man doch nicht mit einem Neoprenoberteil an den Start. Oder ganz und gar einen Neoprenanzug, wie es Pascal vorzog. Nach einem kurzen Schlagabtausch hatte ich Marcels Neoprenoberteil, mit der Erlaubnis es anziehen zu dürfen, in der Hand. Wie genial, nun fühlte ich mich gleich viiiiiiiiiiiel besser!
Nachdem wir uns alle so gekleidet hatten, wie wir es für richtig hielten, machten wir uns wieder auf den Weg Richtung Start. Da wir noch fast 50 Minuten Zeit hatten, zogen wir uns in den warmen Aufenthaltsraum zurück. Da meine Hände bereits jetzt völlig verblasst, taub und absolut durchgefroren waren, hielt ich sie nochmal unter heißes Wasser. Was für ein Mist…wir waren noch nicht einmal auf der Strecke und meine Hände sahen schon aus, als wären sie abgestorben.
Ehe ich mich versah, standen wir dann aber auch schon am Start. Und da die Herren der Schöpfung unbedingt auf´s Foto wollten, standen wir in der zweiten Reihe. Prima, wie ich die Läufer leiden kann, die zu den langsamen zählen, aber unbedingt ganz vorn starten müssen. Doch da man sich immer auf den Gruppenzwang verlassen kann, stand auch ich – wohlwissend, dass ich die ersten Kilometer nur überholt werde, mit ganz vorn.
Kurz vor elf Uhr gingen wir alle gemeinsam auf die Knie. Die zehn Gebote wurden verlesen. Und dann… dann folgte auch schon der Startschuss. Los geht´s!
Auf die Plätze…fertig…los!
Wir hatten ca. 30 Meter das Vergnügen auf normaler Strecke zu laufen, dann wurden wir schon quer über eine wirklich unebene Wiese und den ersten Hang hinauf geschickt. Es folgte ein kurzer Anstieg über einen Feldweg und schon waren wir mitten in der Steinigen Grube. Tiefe Schlammpfützen, querstehende Bagger und gespannte Netze erschwerten uns den Weg. Fazit, wir waren bereits nach knapp 700 Metern nass und sahen aus wie die Schweine. YES! So muss das…
Um aus diesem Steinbruch hinauszukommen, mussten wir einen sehr steilen Anstieg hinauf. Pascal und Christian hatten wir längst aus den Augen verloren. Wir kämpften nun also zu Zweit.
Die nächsten Kilometer führten an Feldern vorbei, bis wir schließlich den Wald erreichten. Hier ging es quer über Wurzeln, durch tiefes Laub, unter Sträuchern hindurch…ja, wie es eben im Wald, fernab vonWaldwegen, ist. Die Strecke war bereits jetzt einfach nur ein Traum.
Auf den nächsten Kilometern überwandten wir einige Höhenmeter und ließen unzählige natürliche Hindernisse hinter uns. Schließlich durften wir auch über gestapelte Baumstämme klettern.
Ich textete gerade alle Läufer voll, wie gefährlich das doch ist, immerhin könnten dieses Baumstämme auch ins Rollen geraten, als Marcel plötzlich den Halt verlor. Ehe ich mich versah, krachte es. Marcel saß unten auf dem letzten Stamm und meine Kamera lag mitten im Wald.
Er stand auf und sagte erstmal nichts. Absolut gar nichts… bis er nach einigen Sekunden anfing zu fluchen was das Zeug hielt. Gut, dass wir gerade an einer Verpflegungsstation waren. Leckeres Obst und etwas zu trinken verbesserten die Stimmung und ließen den Schmerz schnell vergessen.
Wenige Augenblicke später standen wir vor einer schönen, stinkigen Schlammgrube. Nun fluchte ich, denn es roch wirklich nicht gut. „Auf den Boden!“ rief mir der Streckenwart zu, denn ich wollte mich gerade an der Schlammgrube vorbeimogeln. Das war wohl nix. Also robbte ich mich durch den Schlamm, in dem sich vor uns sicher die Wildschweine wohlfühlten und leckere Düfte hinterließen.
Nun war es nicht mehr weit und wir erreichten Trendelburg. Hier trafen wir auch auf viele Zuschauer, die uns fleißig anfeuerten. Es galt verschiedene Hindernisse zu überwinden. Von Strohballen über mit Schlamm und Reifen gefüllte Container bis hin zum Fluss, der schwimmend, laufend und auf einem Balken durch- und überquert werden musste.
Ich habe, als ich ins Wasser stieg einfach abgeschaltet. Ich habe mir überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, ob es nun kalt ist oder nicht. Einfach rein in die Brühe, dachte ich mir. Die ersten Meter konnte ich noch gehen, dann verlor ich den Boden unter den Füßen und musste schwimmen. Das Wasser war so kalt, dass ich wirklich Probleme hatte zu atmen. Schließlich hatte ich dann aber den Dreh raus und konnte den Fluss gut durchqueren. Auf der anderen Seite standen viele Helfer, doch keiner von ihnen wollte die nassen Läufer anfassen. Gut, dass wir uns also gegenseitig aus dem Wasser halfen. Damit hatten wir das Schlimmste geschafft.
Halbzeit!
Jetzt konnten wir die Burg stürmen. Auf den Weg nach oben trafen wir auf Pascal, der bereits auf dem Weg nach unten war. Auf der Burg angekommen, warteten fleißige Helfer mit warmen Tee und Bananen auf uns. Das tat jetzt richtig gut. Wir verweilten eine kurze Zeit.
Der Weg nach unten lief sich ratz fatz weg, keine Frage. Wir kamen wieder am Fluss an, den wir zunächst auf Balken überqueren konnten. „Schau nach vorn, nicht ins Wasser!“ riefen mir die Helfer auf der anderen Seite zu. Und das war ein wirklich guter Tipp. Mit dem Blick nach vorn, hatte ich überhaupt keine Probleme auf dem Balken zu balancieren. Anders war es bei Marcel, der sich für einen Sprung ins Wasser entschied. Wer´s braucht….
Nur wenige Meter später standen wir aber ohnehin wieder im Wasser. Wir mussten die Diemel diagonal durchlaufen. Auf der Brücke standen massig Zuschauer, die uns alle fleißig anfeuerten. Das tat wirklich gut und uns blieb durch das viele Winken und Posen keine Zeit an die kalten Beine zu denken. Nun durften wir nochmal einen Teil der bereits zuvor überquerten Hindernisse bewältigen, bevor wir uns an die letzten 12 Kilometer machten, die es noch zu überwinden galt.
Zu meiner Freude kehrten wir nun in den Wald zurück. Genau wie zuvor trafen wir auf unzählige natürliche Hindernisse. Es war einfach ein Traum. Ich liebte diese Strecke!
Nachdem wir etwa 18 Kilometer hinter uns hatten und gerade einen steilen Hang im Wald hinaufkletterten, sagte mir einer der Streckenwarts, dass ich eine der ersten Frauen sei. Das motivierte mich ungemein. Los, vielleicht ist für mich noch die TopTen drin. Ich war voll motiviert und zu diesem Zeitpunkt auch noch absolut fit. Ich versuchte Marcel zu überzeugen, dass wir doch sicher ein bisschen schneller laufen könnten. Doch bei diesem Versuch blieb es auch. „Wir machen schön in dem Tempo weiter, wie bisher!“ Das war ne Ansage. Seine Ansage.
Da es an dieser Stelle echt unfair gewesen wäre davonzulaufen, entschied ich mich also das Tempo beizubehalten. Und ehe ich mich versah, lief auch schon die erste Mitstreiterin an mir vorbei.
Nun galt es die nächsten Kilometer wieder hauptsächlich Höhenmeter zu überwinden. Nach etwa 21 Kilometern, das Ziel war quasi schon greifbar nah, rutschte ich in einer Linkskurve weg. Ich konnte mich fangen, merkte aber sofort, dass das alles andere als gut für meinen rechten Oberschenkel war. Er fing sofort an zu schmerzen. Aber es nützte ja nix…es war nicht mehr weit und so versuchte ich einfach den Schmerz zu verdrängen.
Auf der Zielgeraden….
Wir liefen weiter kurz vor dem Steingraben, den wir bereits am Anfang durchqueren mussten, sahen wir am Anstieg Pascal. Die letzten zwei Kilometer konnten wir also vielleicht zu dritt laufen. Ein letztes Mal mussten wir nun im Schlamm baden und Pfützen durchqueren, bevor wir auf der Zielgeraden waren. Nun hatten wir Pascal auch endgültig eingeholt, der gerade dabei war vom Laufen ins Gehen zu wechseln. „Komm, wir nehmen dich mit!“ rief ich ihm zu. „Wir laufen jetzt…gehen können wir dann am letzten Anstieg.“ schlug ich den beiden vor. Zum Glück waren sie damit einverstanden und so näherten wir uns dem Ziel mit zügigem Schritt.
Nochmal mussten wir den kleinen Hang hinunter, den wir zu Beginn hinaufkletterten, stolperten nochmal über die Wiese und sahen dann schon den Torbogen des Schlosses, hinter dem sich das Ziel befand. Wie immer trug mich der Beifall der Zuschauer die letzten Meter bis ins Ziel.
Dass dieser Lauf kein leichter war, sah man mir sofort an. Ich war froh, es geschafft zu haben. Meine Hände waren durchgefroren und mein rechter Oberschenkel schmerzte. Aber ich war da! Wir hatten es geschafft und hielten unsere Medaillen in den Händen. Und das weit vor der von Marcel angepeilten Zeit. Leider landete ich auf dem 13. Platz…die TopTen hatte ich also verfehlt. Aber das war mir eigentlich egal, denn es war trotz aller Herausforderungen eine absolut geniale Strecke. Einfach richtig Klasse.
Ich werde nächstes Jahr wieder dabei sein!
Und was auch echt ein Traum war – wir konnten nach dem Lauf heiß duschen!