Chicago, London, Auckland… Die ITU Serie ist im siebten Jahr…und in diesem Jahr zum ersten Mal in zehn Städten der Welt. Auch Hamburg gehört wieder dazu – und wir waren dabei, was für ein geniales Gefühl.
Am Freitag brachen wir, wie immer mit leichter Verspätung, nach Hamburg auf. Unsere Räder waren verstaut und die Aufregung groß. Für mich und Benny war es der erste Triathlon. Wir konnten beide nicht so richtig einschätzen, was auf uns zukommt und fühlten uns ehrlich gesagt auch nicht wirklich gut vorbereitet. Aber egal – wir wollten es jetzt einfach wissen und ließen alles auf uns zukommen.
Am frühen Abend erreichten wir unser Hotel und stellten fest, dass es bis zur Alster wirklich nicht weit war. Nach einem kurzen Blick ins Zimmer machten wir uns auch schon auf den Weg Richtung Reeperbahn. Bevor am nächsten Tag alles im Zeichen des Triathlons stand, war an diesem Abend erst nochmal so richtig Entspannen und Ablenken angesagt.
Gemeinsam mit Synke, die ebenfalls am Sonntag mit an den Start ging, hatten wir einen sehr interssanten und auch lustigen Abend.
Wir genossen die gute Stimmung in Karaokebars, trauten uns dank des Stadtführers Fabian nun auch in „Keller“-Bars und nutzten die Chance kurz mal nicht an den bevorstehenden Triathlon zu denken und all die Aufregung kurz fallen zu lassen.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg zur Alster. Schon auf dem Weg kreuzten wir die Radrennstrecke und feuerten die Sprinter fleißig an. Es beruhigte uns, dass nicht nur Profibikes unterwegs waren, sondern man hier und da auch ganz einfache Räder sah. An der Alster angekommen sahen wir bereits die vielen Sprinter im Wasser. Überall sah man blaue, weiße oder rote Schwimmkappen. Nun war sie wieder da, diese Aufregung. Während Benny eigentlich ganz ruhig blieb, war ich deutlich angespannt. Allerdings im positiven Sinn. Ich freute mich auf den nächsten Tag.
Entlang der Alster konnten wir einen Blick in die Wechselzone werfen. Es war schon ein bisschen beeindruckend, die vielen Räder zu sehen. Wir suchten uns einen freien Platz und schauten einige Minuten den Schwimmern zu. Vielleicht konnte man sich ja doch noch die ein oder andere Technik abgucken. Auch hier beruhigte es uns, dass es neben den Schnellen auch einige Schwimmer gab, die sich Zeit ließen und sich langsam mittels Brustschwimmen dem Ziel näherten.
Wie liefen weiter, über die Messe am Jungfernstieg bis zum Gänsemarkt, wo wir glücklich unsere Startunterlagen entgegengenommen haben.
Unser erstes Mal – rein in die Alster
Kennt ihr das – man fährt zu einem Wettkampf und hat die ganze Zeit das Gefühl etwas vergessen zu haben? Bestimmt! Mir ging es auch so, schon kurz nach der Abfahrt habe ich gesagt, dass was fehlt. Jetzt wussten wir auch was…Bennys Triathlonhose. Wir wollten nämlich in der Alster testschwimmen und dafür brauchten wir selbstverständlich eine Hose. Zum Glück fanden wir auf der Triathlon-Messe noch ein günstiges Modell, das dann zehn Minuten später gleich in der Alster getestet wurde. Auch unsere Badkappen mussten getestet werden. Gesagt getan…
Als wir im Testschwimmbereich ankamen, waren bereits viele Athleten im Wasser. Einige mit, andere ohne Neo. Benny wechselte noch fix das Outfit und bekam in dieser Zeit nicht mit, dass das Wasser an der Stelle, an der wir saßen flach ist. Total motiviert sprang er also kopfüber Richtung Wasser. Schon beim Absprung rief ich ihm zu, dass das Wasser flach ist, wodurch er noch kurz die Beine nach vorn ziehen konnte und mit den Füßen auf den Steinen landete. Zum Glück hat er nur einige Kratzer, aber keine schlimmen Verletzungen davongetragen. Er hatte riesiges Glück…und drehte dann fix noch eine Runde durch die Alster. Die Wassertemperatur war angenehm und Benny schien recht motiviert, dass das schon werden wird. Nach ihm war ich an der Reihe. Langsam stieg ich ins Wasser. Angenehme Temperatur? Darüber kann man streiten, dachte ich mir. Aber es war nicht zu ändern, am nächsten Tag muss ich ja dann auch rein in die „Brühe“. Also los! Ich schamm vom Ufer mit Blick in Richtung Jungfernstieg. Es war recht windig und so spritzten mir die kleinen Wellen ins Gesicht. Leider hatte ich meine Schwimmbrille im Hotel vergessen. Ich drehte eine kleine Runde und schwamm dann wieder zurück zum Ufer. Ich muss zugeben, ich war schon etwas erschrocken darüber, dass es ein deutlicher Unterschied zum Schwimmbecken im Hallenbad war.
Kurze Zeit später legten wir auf dem Weg zurück zum Hotel einen kleinen Stopp ein und ließen Bennys Fuß von den ehrenamtlichen Sanitätern des DRK versorgen. Es dauerte ein bisschen, aber schließlich hatten sie alle kleinen Steinchen, die sich in der Fußsohle eingeklemmt hatten, herausgefischt und Benny konnte wieder anständig auftreten.
Wir machten uns schnell auf den Weg ins Hotel, wo wir uns frisch machen wollten, denn am späten Nachmittag sollte die Elite der Frauen und Männer auf der Sprintdistanz starten. Das wollten wir unbedingt sehen.
Leider starteten die Frauen anders als im Programm angegeben schon 15:45 Uhr statt 16:10 Uhr. Unterwegs konnten wir sie noch auf den Rädern vorbei rasen sehen, doch leider bekamen wir in der Poststraße nur noch den Zieleinlauf mit. Um den Wettkampf der Männer nicht zu verpassen sicherten wir uns gleich sehr gute Plätze am Ufer. Hier konnten wir die Elite auf ihren letzten Metern im Wasser richtig anfeuern. Es war einfach eine geniale Stimmung und wir waren ganz schnell im Triathlon-Fieber. Es war auch kaum zu glauben, wie schnell die kurze Zeit später mit ihren Rädern an uns vorbei fuhren. Es war alles sehr beeindruckend.
Nach dem Rennen ließen wir uns mit unserem akloholfreien Bier noch kurz an der Alster nieder. Hier bekamen wir aus einem Gespräch zweier Herren mit, dass wir morgen eine weitere Strecke schwimmen müssen als bislang geglaubt. Damit war die Stimmung erstmal am Boden. Benny war gleich der Meinung dies nie zu schaffen. Doch zum Glück hielt die schlechte Stimmung nicht lang an und wir waren schnell wieder gut motiviert einfach unser Bestes zu geben und am Ende unter 3:30 Stunden im Ziel anzukommen um uns glücklich in die Arme zu fallen.
Jetzt wird´s ernst…
Am nächsten Morgen ärgerte uns der Wecker 6:30 Uhr. Brrr…was für eine unchristliche Zeit am Wochenende. Doch schließlich siegte die Freude auf den Triathlon und schon sprangen wir aus dem Bett. Wir stärkten uns kurze Zeit später mit einem ordentlichen Frühstück und brachen pünktlich 7:50 Uhr mit Synke gemeinsam Richtung Wechselzone auf. Unterwegs trafen wir noch weitere Athleten und so konnten wir gemeinsam den Weg durch die Stadt hin zum CheckIn suchen.
Wir sind recht zügig durch die Kontrolle gekommen. Ich sollte nur meinen Helm enger machen, der Rest war in Ordnung.
Ich habe auch noch schnell die Gelegenheit genutzt und den Radservice von Canyon auf meine Reifen schauen lassen. Die sind absolut in Ordnung, wurde mir gesagt. Das hört man doch so kurz vor einem Rennen gern. Ich war beruhigt und wir konnten uns einen Platz in unserem Block der Wechselzone suchen. Uns Neulingen war nicht bewusst, dass es hier keine Nummer gab, die einem zugeordnet wurde. Leicht verwirrt suchten wir den Bereich ab, bis wir uns schließlich doch trauten einfach mal nachzufragen. Wir hatten Glück und fanden an einer guten Stelle noch zwei freie Plätze nebeneinander. Die Athleten neben uns hatten offensichtlich an alles gedacht. Puder für die Schuhe, Energieriegel etc. und die Anordnung ihrer Sachen schien gut durchdacht zu sein. Allerdings fing es schon wieder an zu regnen, weshalb sie noch mal alles neu und einigermaßen regensicher verstauen mussten. Wir schauten uns den ein oder anderen Trick bei den „Profis“ ab. Ein Mann rief seiner Frau zu, sie soll die Schuhe wegen des Regens verkehrt herum legen. Gute Idee, dachten wir und taten dies auch. Leider haben wir nicht daran gedacht, dass auch das Handtuch vor dem Regen geschützt werden sollte. Aber egal wir blickten auf unsere Plätze und waren uns einig – mehr geht nicht. Sieht gut aus, so können wir den Wechselplatz lassen. Nun machten wir uns auf Richtung Startbereich. Unterwegs gaben wir noch unsere Beutel ab. Die Zeit verging wie im Flug. Ratz fatz standen wir in der WarmUp-Zone. Hier wurde gefragt, wer denn an diesem Tag seinen ersten Triathlon vor sich hatte. Mit uns meldeten sich vielleicht noch ein oder zwei Teilnehmer, das wars. Für uns wurde fleißig applaudiert, was ein tolles Gefühl war. Nach ein paar Übungen zur Aufwärmung machten wir uns auf den Weg zum Wasser. Ohne lange zu überlegen sprang ich einfach hinein. Schön wie ein Frosch…statt mit einem eleganten Kopfsprung. Egal, dachte ich mir. Dich erkennt mit Schwimmkappe und Schwimmbrille doch sowieso niemand. Im Wasser schwamm ich zu Benny, der sich links außen einen Platz gesucht hatte. Ich war jetzt etwa eine Minute im Wasser. Die Temperatur erschien mir eigentlich recht angenehm…trotzdem hatte ich bereits jetzt blaue Lippen. Na prima, das Wetter scheint nicht besser zu werden – für mich wird es also eine recht frostige Angelegenheit.
Ich war die ganze Zeit damit beschäftigt mir Gedanken darüber zu machen, wie ich wohl am Besten die Wartezeit im Wasser überbrücken kann, ohne dass ich durch das Gestrampel schon außer Atem bin. Das beschäftigte mich so sehr, dass ich den Start gar nicht mitbekommen hatte. Plötzlich schwammen alle los. „Huch! Es geht wohl schon los?“ rief ich den anderen zu, die mir natürlich nicht mehr antworteten. Nun gut, dann starte ich halt auch. Was bleibt mir denn auch anderes übrig. Vor mir lagen 1500 Meter Alster…die Strecke erschien rein optisch extrem lang. Ich drehte mich kurz nachdem ich losgeschwommen bin nochmal um. Hinter mir waren kaum rote Badkappen, auch Benny konnte ich nicht zuordnen. Also schwamm ich einfach darauf los.
Ich suchte die ganze Zeit nach den Rettungsschwimmern der Wasserwacht, sah aber niemanden. Damit bekam ich leichte Angst. Was ist wenn ich keine Luft mehr bekomme? Was ist wenn ich die Kraft verliere? Wie bekommen die das mit, wenn doch gar keiner in meiner Nähe ist? Ich hatte so viel Angst davor, dass ich mich gar nicht getraut habe wirklich so zu schwimmen, dass ich hätte aus der Puste sein können.
Nach etwas weniger als 20 Minuten erreichte ich den Wendepunkt. Hier waren auch mehrere Rettungsschwimmer auf ihren Surfbrettern unterwegs. Gutes Gefühl und schön sie zu sehen! Die Strecke unter den Brücken war sehr schwer zu bewältigen. Irgendwie hatte ich hier das Gefühl nicht mehr vorwärts zu kommen. Kurz nachdem ich den Wendepunkt hinter mir gelassen habe holten mich schon die Starter des nächsten Startblocks ein. Oh nein! Jetzt schwimme ich mit den anderen gemeinsam ins Ziel, das ist doch peinlich! Aber es war nicht zu ändern. Es tauchten links und rechts von mir immer wieder weiße Badekappen des Startblocks I auf. Doch dann sah ich etwas sehr motivierendes. Eine blaue Badekappe. Etwa zehn Meter vor mir schwamm ein Mann, der bereits einen Block vor uns gestartet ist. Genial, auch ich hatte jemanden eingeholt. Das motivierte mich. Allerdings schien das Ziel nicht näher kommen zu wollen.
Kurz vor dem Ziel musst man noch die letzte Brücke kreuzen. An dieser Stelle wurde es echt eng. Die schnellen Schwimmer mit den weißen Badekappen gaben nocheinmal alles und ich fühlte mich hilflos dazwischen und hatte echt mal kurz Panik. Doch zum Glück war das „Ende des Tunnels“ nicht weit und das Ziel unmittelbar vor mir. Ich stieg nach 43 Minuten überglücklich und mega erleichtert aus dem Wasser. Ich wusste, dass ich langsam war, weshalb ich mich umdrehte um nach Benny zu schauen. Leider sah ich keine rote Kappe zwischen den vielen weißen, weshalb ich mich also ohne ihn auf den Weg zur Wechselzone machte. Ich war sehr erschrocken, als ich merkte, dass ich auch nach dem Schwimmen etwas wackelig auf den Beinen war. Ich lief zügig und stand dann in der Wechselzone. Beinahe alle Räder waren bereits weg. Das Gute daran war – ich fand unseren Punkt auf der Stelle. Allerdings musste ich auch feststellen, dass mein Nachbar ein ganz schönes Chaos hinterlassen hatte. Mein Helm hing anders an dem Lenker als ich ihn platziert hatte. Dadurch regnete es in den Helm. Meine Schuhe wurden ebenfalls umgestoßen und waren jetzt nass. Aber es nützte ja nichts. Von außen rief mir eine Zuschauerin zu, dass ich nicht so bummeln soll. Stimmt, dachte ich – ich muss ja schnell weiter. Also sprang ich in meine Strümpfe und Schuhe setzte meinen Helm auf, schnappte mir mein Rad und machte mich zügig auf den Weg zum Start.
Ich war sehr froh, als ich endlich auf meinem Rad saß. Mir war klar, dass dies die einzige Disziplien ist, die ich in den letzten sieben Wochen vor dem Triathlon trainiert hatte und dass ich hier die einzige Chance hatte mir eine gute Zielzeit zu erkämpfen. Und das tat ich. Ich fuhr gleich in dem Gang, in dem ich die letzten Fahrten gut hinter mich gebracht habe. Ich kam gut voran und lieferte mir hin und wieder einige kleine Rennen mit meinen Mitstreitern. Sicher dachten die meisten, ich sei ein kleiner Fisch, schließlich waren wir mit unseren Fitness-Bikes absolut in der Unterzahl. Doch mein Bike und ich konnten mit den Renn- und Triathlonrädern gut mit halten. Auch ein schnelles Rad wird durch einen schlechten Fahrer nicht besser. Und so zog ich an einigen Athleten vorbei. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass ich auf der Strecke 41 Mitkämpfer überholt hatte. Damit bin ich wirklich zufrieden.
Die Radstrecke verlief weitestgehend ohne starke Anstiege. Es war eine tolle Runde…über die Reeperbahn und nach Altona entlang der Elbe. Hin und wieder konnte ich den Blick über den Fluss genießen. Der einzige wirklich spürbare Anstieg lauerte kurz nach dem Wendepunkt. Es ging leicht bergauf und ich zog an einigen Mitstreitern vorbei. Mir machte das Fahren an Anstiegen wenig aus, das merkte ich bereits im Training, wenn meine Begleiter gerade an diesen zurück fielen. Das nutzte ich natürlich und freute mich über jedes eingholte Rennrad 🙂
Die Zeit verging wie im Flug. Unterwegs rief mir Benny zu. Er war ebenfalls gerade in seiner ersten Runde. Schön ihn zu sehen und zu wissen, dass er im Wasser nicht aufgegeben hat. Nach den ersten 20 Kilometern wagte ich einen kleinen Blick auf die Uhr – 39 Minuten. Damit lag ich absolut im Soll. Auf geht´s in die zweite Runde. Ich hatte noch ausreichend Kraft und freute mich, dass ich noch Zeit auf dem Bike verbringen konnte.
Auf der Strecke sah man immer wieder Fahrer, die aufgrund von kaputten Reifen aufgeben mussten. Das ist doch wohl mal echt ärgerlich. Ich wäre wahrscheinlich in Tränen ausgebrochen. Die meisten nahmen es allerdings mit Fassung. Der ein oder andere hatte Material dabei, das Rad zu reparieren, andere machten sich allerdings auch zu Fuß auf den Rückweg.
Nach 30 Kilometern blickte ich erneut auf die Uhr. Ich lag immer noch gut in der Zeit – 1:01 Stunden. Ich wollte unter 1:20 Stunden bleiben. Das war also drin. Jetzt nur nicht aufgeben und langsamer werden. Während ich in der ersten Runde den Anstieg noch ohne Schalten bestritt, war das in der zweiten Runde nicht mehr möglich. Ich musste einen Gang herunter schalten. Trotzdem kam ich gut voran und ließ auch jetzt wieder einige Athleten hinter mir. Kurz vor dem Anstieg traf ich auch auf Synke, die ich jetzt einholte. Sie sah leicht mitgenommen aus, was sicher auch an der Kälte lag. Wir waren alle wirklich durchgefroren. Meine Hände waren steif von der Kälte. Nach 1:18 Stunden war ich dann im Ziel. Ich hatte es geschafft und bin mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von über 30 km/h angekommen. Damit war ich zufrieden.
Nun kam der spannendste Moment für mich – wie würde ich mich fühlen, wenn ich vom Rad abstieg!? Nun ja, ganz stabil schienen mir meine Beine nicht. Etwas wackelig und schwer zu kontrollieren. Aber du hast ja Zeit sie in der Wechelszone wieder in einen „normalen“ Zustand kommen zu lassen, dachte ich. Aber so schnell konnten sie sich leider nicht regenerieren. Ich musste los auf die Laufstrecke. Ich spürte, dass der Lauffluss nicht sauber war. Also stärkte ich mich kurz nach dem Start mit einem Isogetränk und ging nochmal langsame zehn Meter, bis ich schließlich einen neuen Versuch startete. Es viel mir weiter schwer, aber was soll´s da musste ich jetzt durch. Es dauerte nicht lange und erste Krämpfe am Schienbeinmuskel traten auf. Die läufst du weg! Ich kannte diese Beschwerden und mir war wirklich klar, dass diese spätestens nach drei bis vier Kilomter verschwunden sind. Ich biss die Zähne zusammen und lief weiter. Die Kilometer schienen mir recht zügig weniger zu werden. Schon war ich am Wendepunkt. Die Schmerzen waren weg…zumindest die Krampfartigen Beschwerden. Natürlich schmerzte jetzt aufgrund der Vorbelastung jeder Schritt. Aber es war auszuhalten. Ich kannte dieses Gefühl aus vergangen Wettkämpfen und wusste damit umzugehen. Ich redete durchweg auf meinen Schweinehund ein. Etwa nach sechs Kilometern kam mir Benny entgegen. Ich rief ihm zu, dass es echt anstrengend ist…und auch er gab mir zu verstehen, dass er eigentlich so ziemlich am Ende seiner Kräfte sei. Nicht mehr lange und wir dürfen uns glücklich in die Arme fallen, dachte ich.
Wenige Zeit später war ich auf der Höhe der Binnenalster. Jetzt waren es nur noch etwas über 1000 Meter bis zum Ziel. Die Chearleader, organisiert von Erdinger, gaben sich alle Mühe einem für die letzten Meter viel Kraft zu geben. Die Zuschauer an den Seiten stärkten und motivierten mich. „Christiane, in 200 Metern links, dann nach 100 Metern rechts, dann nach etwa 200 Metern wieder links und schon bist du in deeeeeeer Poststraaaaaße!“ Ich fand es sehr lustig mit welcher Mühe sich der DJ an dieser Stelle für mich bzw. uns einsetzte.
Und dann war es soweit, ich erreichte die Poststraße und lief den Teppich entlang, auf dem ich am Vortag die Elite fahren und laufen sah. Man war ich stolz! Und wie immer trugen mich meine Beine ohne jegliche Schmerzen ins Ziel. Es ist immer das Gleiche, ist das Ziel greifbar, verschwinden alle negativen Einflüsse und man ist einfach nur happy und überwältigt.
Im Ziel angekommen nahm ich meine Medaille mega glücklich entgegen. Ich hatte es geschafft! Was für ein tolles Gefühl. Ich wollte ein Selfie machen, aber meine Hände waren so durchgefroren und steif, dass ich das Handy nicht halten konnte. Aber man war ja nicht allein im Ziel und so fand ich einen Helfer, der sich bereit erklärte.
Da ich wusste, dass Benny nicht weit hinter mir sein konnte, entschied ich mich auf ihn zu warten. Und so war es auch. Nach 13 Minuten sah ich auch Benny die Poststraße entlang kommen. Eigentlich sieht der doch noch ganz fit aus. Wir fielen uns in die Arme und er flüsterte mir hörbar erschöpft ins Ohr: „Schön es geschafft zu haben. Aber ich mache das nie wieder!“
„Ich danke dir, dass du es mitgemacht hast und freue mich, dass wir es geschafft haben!“ Antwortete ich ihm. Ich werde dann vor der nächsten Anmeldung sehen ob ich ihn nochmal überzeugen kann oder nicht 🙂
Wir haben beide das Ziel erreicht und sind beide in der vorgenommenen Zeit geblieben. Das war alles was zählt. Außerdem fühlten wir uns gut. Keiner hatte Schmerzen und niemand war so erschöpft, dass wir nicht hätten weiterziehen können.
Zunächst wollten wir uns unser alkoholfreies Bier sichern. Es gab leckeren Kuchen, zahlreiche Energieriegel und frisches Obst. Alles, was man nach so einem Wettkampf eben braucht. Wir stärkten uns kurz und machten uns dann auf den Weg. Wir wollten noch unsere Medaillen gravieren lassen und die Massagemöglichkeit nutzen.
Doch als Erstes brauchten wir dringend etwas zum Anziehen. Wir waren absolut durchgefroren und meine Lippen waren immer noch total blau. Auf dem Weg fiel mir ein, dass wir keine trockenen Handtücher besaßen. So ein Mist. Doch mit einem freundlichen Gesicht „erbettelten“ wir in der Athleten-Arena ein Minihandtuch für Benny und ein benutztes für mich. Die Physiotherapeutinnen zeigten Mitleid. Danke dafür! 🙂 Nach der heißen Dusche gönnten wir uns schließlich auch unsere wohlverdiente Massage. Da wir bis zum CheckOut noch Zeit hatten, nahmen wir in einem Kaffee platzt, stärkten uns und wämten uns auf. Gemeinsam mit meinem Bruder, Synke und den Kids verbrachten wir hier ein paar Minuten, bevor sich unsere Wege trennten.
Auf dem Weg zum CheckOut trafen wir noch den Ironman-Europameister Jan Frodeno, der für Fotos und Autogramme bereit stand. Das war ein besonderer Abschluss eines besonderen Wochenendes.